Le Corbusier

Elisabeth Liebing Elisabeth Liebing
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Diese Woche dürfen wir den Geburtstag von Charles-Édouard Jeanneret-Gris, besser bekannt unter dem Pseudonym Le Corbusier, feiern. Le Corbusier wurde am 6. Oktober 1887 in La Chaux-de-Fonds im Schweizer Kanton Neuenburg geboren und starb am 27. August 1965 in Roquebrune-Cap-Martin bei Monaco. Sein Psedonym nahm Le Corbusier im Übrigen in Anlehnung an den Namen seiner Urgroßmutter Lecorbésier und dem französischen Wort corbeau zu Deutsch (Rabe) an. Erstmals tauchte der Name in der Avantgarde-Zeitschrift L'Esprit nouveau im Jahr 1920 auf. Ziel der Zeitschrift war es, die Ideen für Malerei und Architektur der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Le Corbusier zählt noch immer zu einem der bedeutendsten und einflussreichsten Architekten des 20. Jahrhunderts, dessen neue Ideen aber auch Kontroversen auslösten und teilweise bis heute umstritten sind. In der Tat ist der Beitrag von Le Corbusier zur modernen und zeitgenössischen Architektur kolossal. Bekannt ist er nicht nur für seine einzigartigen und innovativen Gebäude, sondern auch für seine Arbeit als Stadtplaner, die Planung von Möbeln mit einfachen, starken Linien, seine inspirierenden Schriften und sogar die Produktion von abstrakten und kubistischen Gemälden.

Wir möchten euch heute die Arbeiten des Architekten und Designers näher bringen und sechs seiner wunderbaren Hinterlassenschaften vorstellen. 

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(Creative Commons attribution: Susleriel)

Die Hornbrille und die Fliege gelten als die Markenzeichen des Architekten.

Villa Savoye (Poissy, 1928-1931)

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(Creative Commons attribution: Rory Hyde)

Wir beginnen diese Hommage mit einem der berühmtesten Meisterwerke von Corbusier. Als eines seiner ersten Projekte schlug dieses die größten Wellen und ist fester Bestandteil in den Vorlesungen von Architekturstudenten. Das einzigartige Haus wurde im Auftrag der wohlhabenden Familie Savoye errichtet, die eine Villa auf dem Land wollten, um während der Wochenenden weg vom Chaos der Metropole Paris zu entkommen.

Das Gebäude wurde absolut zentral auf dem weitläufigen Grundstück einer grünen Wiese platziert, das umgeben von Laubbäumen ist. Prägnantes Gestaltungsmittel sind die aufgereihten Stützen, die das Obergeschoss tragen. Die Fassade der ersten Etage wird durch ein durchgehendes waagerechtes Fensterband gegliedert. Das Erdgeschoss ist nach hinten gerückt: So entsteht ein überdachter Freiraum, der als Vorfahrt und Zufahrt zu den im Erdgeschoss integrierten Garagen führt. Zusätzlich zu den Garagen befinden sich im Erdgeschoss der Eingangsbereich mit der Vorhalle und die Dienstbotenräume. Vom Eingang aus führt im Innern eine sanft ansteigende Rampe in die erste Etage zu den Wohnräumen. Diese öffnen sich über Glasschiebewände zu einem Dachgarten. Von der Terrasse gelangt man über die nun im Außenraum fortgesetzte Rampe auf eine Sonnenterrasse, deren geschwungener Wandschirm vor Wind schützt und mit seiner Kurve die Formensprache der Villa markant prägt. 

Dennoch hatte das Haus sein Tücken, denn aufgrund der damals noch weniger verbreiteten Flachdachkonstruktion, wies die Villa binnen kürzester Zeit undichte Stellen auf, die das Haus für die Eigentümer unbewohnbar machte. Le Corbusier versprach Besserung, vertagte dieses Versprechen jedoch so lange, bis die Besitzer ihn verklagen wollten. Durch Beginn des zweiten Weltkrieges kam es allerdings nie zu einer Klage und einer Instandsetzung des Daches. Erst im Jahr 1962 nahm sich die Stadt nach einigen Protesten und Aufständen der Villa Savoye an und restaurierte diese von 1985-1997.

Neben den eleganten Wohnräumen, die die Grenzen zwischen Innen-  und Außenräumen verwischen lassen, ist das Haus berühmt, weil es als eine Zusammenfassung der grundlegenden Lehre der modernen Architektur gilt. Es beinhaltet die fünf bekannten Punkte der Architektur, die aus Le Corbusiers Architekturtheorie stammen und in diesem Projekt beispiellos umgesetzt wurden. Diese Punkte besagen folgendes: 

Die Stützen
Le Corbusier trennt konsequent tragende und nicht tragende, raumabschließende Elemente. Die Wohnräume scheinen zu schweben.

Der Dachgarten

Le Corbusier verwendet anstatt eines konventionellen Steildaches nahezu ausschließlich Flachdächer, um die ebene Fläche ebenfalls als Wohnraum nutzen zu können. 

Die freie Grundrissgestaltung

Der Einsatz des Pfostensystems erlaubt keine Grenzen in der Gestaltung des Grundrisses, da die Wände nicht tragend sind und somit nicht wie bei klassischen Bauten übereinander liegen müssen. 

Das Langfenster

Unter der Verwendung von Eisenbeton und des Pfostensystems werden lange, zuvor nicht herstellbare Öffnungen in der Fassade ermöglicht. Anstatt der üblichen Hochfenster verwendet Le Corbusier breite Fenster und erreicht dadurch eine deutlich bessere und gleichmäßige Belichtung. Die Verwendung von horizontaler Fensterbänder verleihen dem Raum zusätzlich eine gewisse Dynamik, da das großformatige Panorama die umliegende Landschaft einbezieht.

Die freie Fassadengestaltung

Die Gestaltung der Fassade ist völlig frei, da die Außenmauer des Raumes nicht zwischen den Eisenbetonpfosten gebildet wird, sondern durch die Decke hervorstehend umgesetzt wird. Die eigenständige Fassade wird vor den Pfosten ausgemauert, sodass eine unabhängige innere Einteilung entstehen kann.

Chaise longue LC4 (Paris, 1929)

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(Creative Commons attribution: Roberto Sena)

Wie bereits erwähnt, ist Le Corbusier nicht nur für seine außergewöhnlichen Gebäude bekannt, sondern auch für seine Möbelkollektionen, die bis heute die Designgeschichte prägen. Seit den frühen 1920er Jahren produzierte er eine Reihe von Stühlen und Tischen. In Zusammenarbeit mit Pierre Jeanneret und Charlotte Perriand entstand 1928 dieser eindrucksvolle Chaiselongue für eine Villa in Ville d'Avray, Paris. DIese Villa sollte später zu Le Corbusiers bekanntesten und erfolgreichsten Werk zählen. 1929 war der Stuhl Teil der Pariser Art Exhibition im Salon D'Automne. Die Form und die Materialien wurden überaus sinnvoll verwendet und vereinen Funktion und Design. Das Metall-Chrom-Gestell stellt die Basis dar und wird durch die ergonomische Sitzform unterstützt. Auch heute sind die Le Corbusier-Möbel noch erhältlich und erfreuen nach wie vor das Herz von Designliebhabern.

Unité d’habitation/Cité radieuse (Marseille, 1946-1952)

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(Creative Commons attribution: Vincent Desjardins)


In den Jahren 1947-1965 realisierte Le Corbusier in vier französischen Orten sowie in Berlin die Unité d’habitation, die als mustergültiges Beispiel für Hochhaussiedlungen gelten. Alle Maße der Unité d’Habitation von Marseille sind nach dem von Le Corbusier entwickelten Maßsystem Modulor bestimmt worden, das ein Proportionssystem darstellt und auf dem Goldenen Schnitt basiert. Dieses System stellt ein Ordnungsmaß dar, das den Menschen in ein mathematisches Raster ordnet, um ein Ideal der nutzenden Bewegungs- und Wohnungsfläche zu erhalten.

Neben dem Bau von Villen verstand der Architekt die außerordentliche Wichtigkeit gesellschaftlicher und sozialer Wohnungsbauten und definierte diese neu. So galt die Auseinandersetzung mit dem Wohnungsmangel als ein großer Bestandteil seiner Arbeit und er setzte sich zum Ziel, dieses Problem in Form eines zeitgenössischen Wohnungskomplexes umzusetzen. Auch bekannt als die Radiant City, war dieses Gebäude eine Antwort auf die kritische Notwendigkeit für Qualität von Sozialwohnungen in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg.

Dieses Gebäude wurde am 14. Oktober 1952  in Cité radieuse fertiggestellt und ist 138 Meter lang, 25 Meter breit und 56 Meter hoch. Der Skelettbau aus Stahlbeton besitzt 18 Geschosse, wobei sich anstelle der untersten Etage ein Freigeschoss mit markanten Stützen befindet, die das Gebäude tragen. Hier befinden sich auch die Zugänge zu den Wohnungen. Insgesamt fasst das Gebäude 337 Appartements, die jeweils als zweigeschossige Maisonettewohnungen ausgebildet sind: Das untere Geschoss der Wohnung nimmt die gesamte Stockwerkbreite ein, die darüber liegende Etage etwa nur die knappe Hälfte. Die langen Zeilenbauten wurden relativ genau in Nord-Süd-Richtung ausgerichtet, um von beiden Seiten ausreichend Helligkeit zu erlangen. 

Um das soziale und gesellschaftliche Leben zu verknüpfen, befinden sich in der siebten und achten Etage Geschäfte, ein kleines Hotel und eine Wäscherei. Auf der begehbaren Dachterrasse finden ein Kindergarten, ein Freilufttheater und eine Sporthalle platz, die das Wohnen und Leben vernetzen: Die Geschäfte, das Café im Hotel und die Dachterrasse sind jederzeit frei zugänglich. 

Chapelle Nodre-Dame-du-Haut (Ronchamp, 1950-1955)

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(Creative Commons attribution: senhormario)

Hier sehen wir ein spirituelles Projekt, das die visuellen und haptischen Fähigkeiten des Meisters der Architektur untermauert. Eine katholischen Kirche, die an der Spitze des Hügels Bourlémont in Haute-Saone ragt. Auf den ersten Blick fällt die stark gekrümmte Form des eindrucksvollen Daches auf, das komplett aus Ortbeton konzipiert wurde. Die massiven Betonwände werden durch gesprenkelte Natursteine unterteilt, die mit abstrakten geometrischen Formen durchbrochen werden. Es entsteht ein abgewandeltes Sternenbild der Fassade, das natürliches Licht in das Innere der Kirche fallen lässt. 

Einzigartig ist die Balance der architektonischen Widersprüche, die hier verwirklicht wurde und Merkmal dieses imposanten Baus ist. Es finden sich zugleich massive und leichte Elemente, nüchtern und verzierte Dekore, sowohl organische als auch geometrische Formen. Dieses Spiel der Widersprüche provoziert den Betrachter und fordert uns dazu heraus, Stellung zu nehmen und das Werk zu bewerten.

Palais des Assemblés du Pendjab (Chandigarh, 1955)

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(Creative Commons attribution: duncid)

Im Jahr 1951 war Le Corbusier weltweit bekannt für sein Talent und seine enorme Kreativität. Er wurde vom indischen Premierminister aufgerufen, einen Großteil der Stadtplanung zu übernehmen. Er entwarf die wichtigsten institutionellen Gebäude der nordindischen Stadt Chanidgarh: drei Regierungsbauwerke, den Justizpalast, das Parlament und das Ministeriengebäude. Die in Sichtbeton ausgeführten Bauwerke liegen in Sektor 1, dem „Kopf“ der Stadt.

Die monumentalen Regierungsbauten Le Corbusiers machen die Stadt zu einer Pilgerstätte für Architekten und Architekturinteressierte. Die skulpturalen Formen und die übermenschlichen Dimensionen sind ein glänzendes Beispiel für den Brutalismus und welche ästhetische und emotionale Verbindungen diese Gebäude auf den Menschen bewirkt. Das große umliegende Wasserbecken reflektiert die Architektur und haucht dem Gefüge noch mehr Kraft ein. Von weitem gesehen sind die Bauwerke noch immer beeindruckend, jedoch nagt der Zahn der Zeit an ihnen, denn der Beton zeigt bereits starke Auflösungserscheinungen.

Pavillon Philips (Bruxelles, 1958)

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(Creative Commons attribution:  Wouter Hagens)

Wir möchten die vorgestellten Projekte mit dem Pavillon Philips abrunden. Es handelt sich hierbei um eine temporäres Gebäude, das für die Produkte des Elektrounternehmens Philips errichtet wurde. Anlässlich der Weltausstellung im Jahr 1958 wurde es in Brüssel, Belgien gebaut. Der Pavillon erscheint wie ein Zelt, das allerdings aus verstärktem Beton errichtet wurde. Das Gebäude beweist eine einzigartige Bauinnovation für die damalige Zeit. Die außergewöhnliche Form verleiht dem Pavillon ein futuristisches Aussehen. Der leistungsfähige formale Ausdruck und die erstaunlichen statischen Eigenschaften erinnern an die Kirche von Ronchamp. Für dieses Projekt arbeitete Le Corbusier mit dem griechischen Architekten und Komponisten Iannis Xenakis. Dieser prägte die Architektur wegen seiner starken Affinität für mathematische und akustische Gesetzmäßigkeiten. Ab 1954 entwickelte Xenakis aus zufälligen Phänomenen wie Regen, einer Menschenmasse oder einem Bienenschwarm seinen eigenen Musikstil: die stochastische Musik.

Viele berühmte Architekten erwähnen die Arbeit von Le Corbusier als einer der wichtigsten Inspirationen ihrer Praxis und das noch bis heute. So gehören zum Beispiel der brasilianische Architekt Oscar Niemeyer und der amerikanische Architekt Richard Meier, beide Empfänger der prestigeträchtigen Pritzker-Preis für herausragende Leistungen in der Architektur, zu bekennenden Bewunderern. 

In der Summe hat die abwechslungsreiche und raffinierte Arbeit Le Corbusiers, nicht nur wegen seiner feinen formalen Kompositionen, sondern auch wegen seiner sozialen Fortschritte, enormen Einfluss auf die Welt der modernen Architektur gehabt. 


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